"Pérolles 2": Die jüngsten Gebäude der Universität Freiburg, Schweiz
Schweiz

Nein zum Freiburger Islam-Zentrum: SVP steht alleine da

Freiburg i. Ü, 29.1.15 (Kipa) Die SVP Freiburg ergreift eine Volksinitiative gegen das Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft an der Universität Freiburg. CVP und SP zeigen kein Verständnis für den Vorstoss. Die FDP distanziert sich. Das Rektorat der Universität bedauert, dass sich die Gegner des Zentrums bisher nicht vom Nutzen der Einrichtung überzeugen liessen. Die Muslime fordern von der SVP mehr Mut zum Gespräch.

Die Universität unterstrich gegenüber kath.ch ihre Autonomie in Lehre und Forschung. Den wissenschaftlichen Dialog mit Muslimen betrachtet die Universitätsleitung als einen «höchst aktuellen Beitrag zu Verständigung und Integration». Unter den Qualitätskriterien wissenschaftlicher Rationalität wachse die Chance für eine Integration der Muslime in den Schweizer Kulturraum.

Wie die Initiative der Freiburger SVP zeige, bleibe die Rolle des Islam in westlichen Gesellschaften ein «ebenso bewegendes wie aktuelles Thema, das eng mit dem Phänomen der Migration verbunden ist». Die angeregte öffentliche Diskussion nach den Attentaten in Paris unterstreiche das Bedürfnis nach einer vertieften Beschäftigung mit dem Selbstverständnis muslimischer Glaubensgemeinschaften in Geschichte und Gegenwart, teilt das Rektorat mit.

Einladung zum Gespräch

Der Präsident der Muslimischen Vereinigung Freiburgs (AMF), Mohamed Ali Batbout, lädt die SVP zum Gespräch ein. «Ich bedaure, dass die SVP nicht den Mut aufbrachte, in die Diskussion über das geplante Zentrum einzusteigen», sagte er gegenüber kath.ch. Die Partei spiele mit den Emotionen. Man könne aber nicht «ständig mit der Angst spielen», bemerkte der Muslim-Sprecher. Die Muslime seien heute ein Teil der Schweiz.

Der Vorstoss der Partei fördere nicht das Zusammenleben. Das geplante Zentrum nützt gemäss Batbout der gesamten Schweizer Gesellschaft. Das Zentrum diene dazu, das Verständnis zwischen den Menschen verschiedener Religionszugehörigkeit zu fördern und «gegen den Extremismus anzugehen». Batbout weist darauf hin, dass das Zentrum nicht eine Initiative der Muslime, sondern der Schweizer Eidgenossenschaft ist. Das Zentrum ermögliche, langfristig Antworten auf Probleme zu finden, welche sich im Zusammenhang mit dem Islam in der Schweiz stellen.

Kein Handlungsbedarf bei übrigen Parteien

Die kantonale CVP wird die SVP-Initiative nicht unterstützen. Das erklärte CVP-Kantonalpräsident André Schoenenweid auf Anfrage. Die Partei habe mit Blick auf die Parlamentswahlen im kommenden Herbst wichtigere Prioritäten. Der Vorstoss der SVP sei Teil ihres Wahlkampfes.

Mehrere Vertreter der CVP im Grossrat unterstützten im vergangenen September einen Vorstoss, der von der Freiburger Regierung verlangte, sie solle wegen des Zentrum bei der Universität intervenieren, um das Projekt zu stoppen. Bei der Abstimmung fehlten vier Stimmen für das Mehr. 52 Abgeordnete sagten damals Ja. Aufgrund des knappen Resultats wartet die CVP auf einen Bericht der Universität innerhalb der nächsten zwei Jahre. Gegebenenfalls werde sie zu diesem Zeitpunkt aktiv werden, erklärte Schoenenweid.

Xavier Ganioz, Vizepräsident der SP Freiburg, sagte gegenüber «20 Minuten», man könne nicht ständig nur «Waffen gegen die Muslime auffahren», sondern müsse die islamische Gesellschaft in der Schweiz kennenlernen. Der Freiburger FDP-Präsident Didier Castella hält es für «sehr unwahrscheinlich», dass seine Partei den SVP-Vorstoss unterstützt.

SVP: «An der Nase herum geführt»

Die SVP will mit ihrer Initiative die Gründung des Zentrums für Islam und Gesellschaft vereiteln und auf diese Weise verhindern, dass «eine staatliche Ausbildung von Imamen eingerichtet wird», sagte SVP-Grossrat Nicolas Kolly gegenüber der Westschweizer Zeitung «La Liberté». Die SVP bezeichnet die Vorgehensweise der Universität als «undurchsichtig»: «Wir sind an der Nase herum geführt worden. Man sagte uns, es sei ein Ausbildungszentrum für Imame. Anschliessend versicherte man uns, das Zentrum wende sich an Personen, die in Kontakt zu den Muslimen stehen.»

Roland Mesot, Präsident der kantonalen SVP, hat kein Verständnis dafür, «wieso sich die Leute vermehrt mit dem Islam beschäftigen sollten». Es müsse «umgekehrt so sein, dass sie die Muslime uns anpassen», sagte Mesot gegenüber «20 Minuten». Er stört sich zudem daran, dass das Zentrum Teil der Theologischen Fakultät sei. Diese Fakultät solle sich auf den «Katholizismus» beschränken. «La Libertè» zitiert ihn mit den Worten: «Es braucht kein Fachzentrum». Imame könnten sich an der Universität bereits an verschiedenen Fakultäten mit der Schweizer Geschichte und dem Christentum vertraut machen.

Uni: Besondere Auszeichnung für Freiburg

In einer Stellungnahme von Donnerstag erklärt die Universität Freiburg, das Schweizer Zentrum für Islam und Gesellschaft werde «eine Plattform für die kritische Analyse der gesellschaftlichen Präsenz des Islam wie auch der gesellschaftlichen Reaktionen auf diese Präsenz bieten». Auf diese Weise wolle die Hochschule zu einer «vorurteilsfreien Meinungsbildung beitragen». Damit leiste sie einen wichtigen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Schweiz.

Die Universität Freiburg gründet im Auftrag der Eidgenossenschaft das Zentrum. «Mit dem Zuschlag für den Aufbau dieses Zentrums anerkennt der Bund die Kompetenz, Tradition und Offenheit der Universität», schreibt das Rektorat. Der Zuspruch stelle eine «besondere Auszeichnung für den Hochschulstandort Freiburg» dar.

Und was sagt die Kirche zu diesem Islam-Zentrum an der theologischen Fakultät? Der Ortsbischof Charles Morerod hat bis Donnerstagabend auf eine Anfrage von kath.ch nicht reagiert. (gs).

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29. Januar 2015 | 17:48
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