Papst Franziskus beim Gebet am Abend vor der Eröffnung der Bischofssynode.
Vatikan

Nach Streit im Vorfeld ein Papst-Appell für Barmherzigkeit

Rom, 4.10.15 (kath.ch) Mit ernsten Gesichtern zogen die Synodenteilnehmer in den Petersdom ein. Und bei der Anrufung der Heiligen um ihren Beistand war wohl manch ein Kardinal und Bischof noch inbrünstiger als sonst bei der Sache. – Eine Betrachtung der Ausgangslage vor Beginn der Diskussionen.

Thomas Jansen*

Papst Franziskus eröffnete am Sonntag, 4. Oktober, mit einem Gottesdienst die wohl meistbeachtete Bischofsversammlung seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil vor 50 Jahren: Die Bischofssynode über Ehe und Familie. Drei Wochen lang debattieren rund 270 Bischöfe aus aller Welt im Vatikan, auf der Tagesordnung stehen auch heisse Eisen wie der kirchliche Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen sowie mit Homosexuellen. Die Synode gilt vielen als Gradmesser für die Reformfähigkeit der Kirche. Im Vorfeld gab es heftige Debatten.

Geschiedene: Möglichkeiten ausloten

Der Papst eröffnete die Bischofsversammlung mit einem Appell zur Barmherzigkeit und einem Bekenntnis zur Unauflöslichkeit der Ehe. Damit griff er die Erwartungen der reformerischen Kräfte auf, bestärkte aber zugleich jene, die Änderungen in der kirchlichen Morallehre als Gefahr für die Unauflöslichkeit der Ehe sehen. Das Tages-Evangelium bot geradezu eine Steilvorlage. Es war ausgerechnet Jesu Wort über die Ehe: «Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen».

Dieser Satz spielt eine grosse Rolle in der Debatte über die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion, die bislang nicht erlaubt ist. Die Bischofssynode soll hier Möglichkeiten einer Öffnung sondieren. Die Gegner begründen ihre ablehnende Haltung nicht zuletzt mit diesem biblischen Zitat. Befürworter einer Zulassung im Einzelfall argumentieren, Jesus habe damit keinen allgemeingültigen Rechtsgrundsatz aufstellen wollen.

Papst vermeidet Parteinahme

Auf die theologische Kontroverse geht der Papst in seiner Predigt nicht ein. Das Ziel der Ehe bestehe nicht nur darin, für immer zusammenzuleben, «sondern für immer einander zu lieben». Das Wort Jesu über die Unauflöslichkeit sei eine Aufforderung «jede Form von Individualismus und Legalismus» zu überwinden, so der Papst. Hinter solchen Haltungen verberge sich ein «kleinlicher Egoismus» und die Angst davor, die wirkliche Bedeutung des Paares und der menschlichen Sexualität im Plan Gottes anzunehmen. Damit vermeidet der Papst geschickt jede Parteinahme.

Bereits am Samstag hatte Franziskus während einer Gebetswache auf dem Petersplatz erste Vorgaben für die Bischofssynode gemacht. «Das Kriterium für die Interpretation von allem» müsse stets Jesus sein.

Zeit zur Diskussion ist vorhanden

Der Papst mahnte Mitleid an und warnte davor, «unnötig streng» zu sein. Die Teilnehmer der Synode forderte er zum Dialog auf. Sie müssten fähig sein, «hinzuhören und sich miteinander auszutauschen». Zeit zur intensiven Diskussion haben die Synodalen diesmal jedenfalls mehr als je zuvor. Kardinal Lorenzo Baldisseri, der Generalsekretär der Synode, teilte am Freitag mit, dass ausgiebiger als früher in Kleingruppen debattiert werde. So solle die Synode «dynamischer» werden. Die Redezeit im Plenum sei auf drei Minuten begrenzt, für die Kleingruppen gebe es keine zeitlichen Beschränkungen.

In den Medien stand zuletzt vor allem das Thema Homosexualität Vordergrund. Zunächst sorgte der afrikanische Kurienkardinal Robert Sarah für Schlagzeilen, als er erklärte, gleichgeschlechtliche Paare seien ein «Rückschritt für die Zivilisation». Zusätzlich befeuert wurde die Debatte durch ein Video, das zeigt, wie der Papst in Washington ein homosexuelles Paar umarmt. Der Vatikan dementierte Spekulationen, Franziskus habe damit ein kirchenpolitisches Signal setzen wollen. Den Höhepunkt bildete am Samstag das Outing eines Mitarbeiters der Glaubenskongregation als Homosexueller in einem viel beachteten Zeitungsinterview.

Wie weit geht die Analyse?

Dabei soll es bei dieser Synode laut Arbeitspapier gar nicht um Homo-Paare gehen, sondern vor allem um den Umgang mit Homosexuellen in den betroffenen Familien. An diesem Montag, dem Beginn der offiziellen Beratungen, steht denn auch die Analyse der Situation der Familie im 21. Jahrhundert im Vordergrund. Und da gehören «Regenbogen-Familien» mit homosexuellen Eltern aus katholischer Sicht nicht dazu. (cic)

* Thomas Jansen ist Leiter der Redaktion des Centrum Informationis Catholicum (CIC), der Gemeinschaftsredaktion der deutschsprachigen katholischen Nachrichten-Agenturen in Rom, an der auch das Katholische Medienzentrum mit dem Portal kath.ch beteiligt ist.  

Papst Franziskus beim Gebet am Abend vor der Eröffnung der Bischofssynode. | © Andrea Krogmann
4. Oktober 2015 | 17:10
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