Mohammed-Werbeplakat in Wien
Schweiz

Militante Muslime: Mohammed-Plakate fordern Schweizer zum Lächeln auf

Zürich, 9.2.15 (kath.ch) Bald sollen grossformatige Plakate mit dem Lobpreis Mohammeds in der Schweiz hängen. Hinter der Kampagne steckt eine in Österreich und Deutschland tätige Islamische Föderation. Die Plakate dürften die Gemüter erhitzen. Die Gegner des Islams in der Schweiz werden Munition für ihre politischen Kampagnen erhalten und einen Angriff des «militanten Islams» wittern. Kath.ch hat sich auf die Suche nach dieser Militanz in der Schweiz gemacht und zwei Religionssoziologen gefunden, die mehr oder weniger entwarnen.

Georges Scherrer

Als Auftraggeber für die Plakate mit der Inschrift «Dein Lächeln, eine Wohltat! – Prophet Mohammed» signiert eine Islamische Föderation, in der Schweiz ein «Komitee für die Muhammad-Kampagne». Der Verein «Islamischer Zentralrat der Schweiz» (IZRS) wurde in Medien sofort als Mitinitiant ausgemacht. Der Zentral bestritt dies jedoch auf Anfrage. Er rührt jedoch die Werbetrommel. Der IZRS lud zu einer «Spenden-Gala» am Sonntag, 8. Februar, in Zürich ein. Gesucht werden für die geplante nationale APG-Plakat Kampagne gemäss IZRS-newsletter 100.000 Franken. Die Plakate sollen an über 200 Standorten in der ganzen Schweiz platziert werden.

Polizeischutz für den IZRS

Wenn es um den «militanten Islam» geht, ist dieser IZRS ein starkes Reizwort. In der Stadt Freiburg musste kürzlich eine IZRS-Kundgebung abgebrochen werden. Unter dem Schutz der Freiburger Krawallpolizei bestiegen die IZRS-Mitglieder Busse und wurden vor Demonstranten in Sicherheit gebracht. Angreifer waren kurdische Muslime.

Imam Mustafa Memeti steht dem Muslimischen Verein Bern vor. Er begegnet einzelnen Schweizer Vereinen mit Skepsis. Memeti erklärt gegenüber kath.ch: «Ich habe Mühe damit, wenn ein Exponent eines Vereins vor die Medien hinsteht und sagt: Bei uns ist alles in Ordnung. Und intern tönt es dann anders.» Der Imam verweist auf den IZRS. Dieser versuche die Moscheen und Vereine zu infiltrieren. «An gewissen Orten haben sie Einfluss. Bei uns in Bern haben sie aber keine Chance», so der Imam. Der Muslimische Verein Bern mache alles, um von dessen Einfluss verschont zu bleiben.

Auch Önder Günes vom Schweizerischen Islamischen Gemeinschaft distanziert sich vom IZRS: «Wir sind keinen Druckversuchen von irgendjemandem ausgesetzt, da wir weder einen Kommunikationskanal mit dem Zentralrat oder anderen ausländischen Organisationen haben.»

IZRS: «Konservativ, aber nicht gewaltbefürwortend»

In der Auslegung islamischer Normen sei der IZRS konservativ, aber nicht extremistisch oder gewaltbefürwortend, sagt Andreas Tunger-Zanetti, der das Zentrum Religionsforschung der Universität Luzern koordiniert und der Forschungsgruppe zum Islam in der Schweiz (GRIS) angehört. Der IZRS stelle sich ausdrücklich in den Schweizer Rechtsrahmen und verhalte sich entsprechend. Bei einzelnen Wortmeldungen des Vereins hätten argwöhnische Bürger «begreiflicherweise eine Hintertür eingebaut gesehen». Insgesamt werde der IZRS aber «viel radikaler wahrgenommen, als er ist.»

Das Problem mit dem IZRS stelle sich auf einer anderen Ebene. Aus zwei Gründen missfalle er den Schweizer Moscheevereinen. Zum einen agiere der Verein äusserst gewandt und effizient auf der Klaviatur der modernen Medien und wisse sich der Medienwirkung zu bedienen. Er ziehe so die Aufmerksamkeit auf sich und somit weg von den viel älteren Moscheevereinen, die sich als «viel berechtigter ansehen, für die Muslime zu reden».

Inhaltlich werfen die Moscheevereine laut Tunger dem IZRS vor, er spalte. Der IZRS suche eine «Einheit unter unserer Führung». Das entspreche nicht dem Selbstverständnis der Sunniten, denen weltweit rund neunzig Prozent der Muslime angehören. Der IZRS mit seinen 3›200 Passivmitgliedern und vierzig Aktiven werde aufgrund seiner Islam-Interpretation als intolerant wahrgenommen. Die traditionell sunnitische Haltung hingegen umfasse die wechselseitige Anerkennung der internen Vielfalt unter Sunniten.

Brüskierung von Muslimen und Schweizern

Der IZRS vertritt eine normative und sehr konservative Sichtweise des Islams, der sowohl bei der übergrossen Mehr der Muslime in den Schweiz wie auch bei den Schweizern aufstösst, sagt auch Mallory Schneuwly Purdie vom sozialwissenschaftlichen Institut für zeitgenössische Religionen (ISSRC) und Schweizer Religionsbeobachtungszentrum (ORS) in Lausanne. Die Mehrheit der Muslime in der Schweiz seien säkularisiert und, was ihre Religion betrifft, liberal.

Mit seiner «normativen» Auffassung des Islams vertritt der IZRS eine integralistische, vereinnahmende Position, die viele Muslime völlig ablehnen. Aus der Sicht des IZRS muss der Islam in sämtliche Lebensbereiche «massgebend» eingreifen, also Sexualität, Finanzen und Ernährung eingeschlossen. Dieser Mangel an Öffnung führe dazu, dass die muslimischen Vereine in der Schweiz dem IZRS die Tür weisen. Umgekehrt führe die Ablehnung innerhalb des IZRS zu einer Gegenreaktion. Dieser wolle seinen «normativen Islam» niemandem aufzwingen. Er trete aber vehement für diesen ein, und zwar mit Mitteln, die ihn letztlich fast als eine «Karikatur» seiner selbst erscheinen lassen und ihn isolieren.

Die Moschee von Genf und ebenfalls die Brüder Ramadan haben mit ihren Auftritten in jüngerer Vergangenheit die Angst in der Schweizer Bevölkerung ebenfalls geschürt. Ihre Militanz sei jedoch nicht mit jener des IZRS aus Biel nicht zu vergleichen. Der IZRS wolle die ganze Schweiz missionieren, er nehme viel Raum ein in Medien, Gesellschaft und in den Sozialen Medien. Andere «militante» muslimische Gruppen seien jedoch regional aktiv und finden mit ihren Aktionen nie das Echo, welches der IZRS auslöst.

Militanz mit demokratischem Ziel – ängstliche Schweizer

Für eine politische Form der Militanz steht gemäss Mallory Schneuwly die UVAM (Union Vaudoise des Associations Musulmanes) im Kanton Waadt ein. Die von Pascal Gemperli geführte Vereinigung versucht die Muslime auf Kantonsebene zu organisieren. Mit seinen politischen Aktionen will die UVAM die demokratischen Rechte der Muslime stärken. So etwa das Recht, in der Schweiz beerdigt werden zu dürfen. Die Muslime in der Waadt stehen hinter der UVAM. Bei Schweizern kann dieses politische Vorpreschen aber zu Ängste führen: «Sofort heisst es: Die Muslime wollen sich nicht integrieren.»

Heute hätten die Schweizer aber Angst vor vielem. «Wir sind in einem Klima der Unsicherheit.» Viele Schweizer fühlten sich von aussen, den USA und der EU, bedrängt. Im wirtschaftlichen Bereich herrsche ebenfalls Unsicherheit. Auf diesem Hintergrund werde der Islam, ob er sich nun militant zeige oder nicht, ebenfalls als Gefahr angesehen. Als Gefahr wahrgenommen würden jedoch nur muslimische Gruppen, die sich als Gemeinschaft abgrenzen, und nicht «die überwältigende Mehrheit der Muslime, die in der Schweizer Gesellschaft aufgeht», so Schneuwly. (gs)

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9. Februar 2015 | 16:40
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