Kirche in Italien mahnt zu Besonnenheit in Brenner-Krise

Bozen, 30.4.16 (kath.ch) Angesichts der Vorkehrungen für eine Brenner-Sperre mahnt die katholische Kirche in Italien zu Besonnenheit. Humanitäre Probleme liessen sich «weder mit Zäunen noch mit Grenzschliessungen lösen», erklärte der Vorsitzende der italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, am Freitag, 29. April. Der Bozener Bischof Ivo Muser warnte davor, mit populistischer Angstmacherei europäische Errungenschaften aufs Spiel zu setzen. Er hoffe, dass es mit der Ankündigung Wiens einer Abriegelung der Grenze beim «Säbelrasseln» bleibe.

«Wir sollten nicht leichtfertig aufs Spiel setzen, was in den vergangenen Jahrzehnten erarbeitet wurde», sagte Muser der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mit Blick auf die Freizügigkeit in Europa. Der Bischof äusserte sich beunruhigt über den schärferen Ton in der Auseinandersetzung. «Die Verantwortlichen müssen sich an einen Tisch setzen und eine gesamteuropäische Lösung erarbeiten», verlangte er.

Alpenpass mit «leidvoller Geschichte»

Muser wandte sich gegen «populistische» Lösungen. So habe die Zahl der Flüchtlinge über den Brenner nicht zugenommen; für Österreich bestehe »kein konkreter Handlungsbedarf». Viele Bürger seien besorgt über das Vorgehen der Regierung in Wien. «Niemand möchte diese Brennergrenze», sagte der Bischof. Der Alpenpass sei auch «belastet mit einer leidvollen Geschichte», sagte Muser unter Anspielung auf die Zeit des Zweiten Weltkriegs. Die Menschen in Südtirol hätten in der Vergangenheit eine undurchlässige Grenze erlebt. Dies dürfe sich nicht wiederholen.

Demonstrative kirchliche Hilfsaktionen für Flüchtlinge am Brenner schloss Muser vorerst aus. Die Kirche werde jedoch «wachsam sein und nicht fehlen, wenn wir gebraucht werden». Er wolle «an christliche, aber auch humanistische Werte erinnern, die Europa geprägt haben und auf die Europa stolz sein kann», sagte Muser.

Sich auf die Realität der Migration einstellen

Der Bischof mahnte, sich auf die Realität der Migration einzustellen. «Die Armen dieser Welt lassen sich nicht mehr aufhalten», sagte er. Zugleich gelte: »Niemand verlässt leicht seine Heimat.» Es gehe nicht um Zahlen, sondern «um konkrete Menschen», die sich als Hilfsbedürftige zeigten. «Den Nächsten kann ich mir nicht aussuchen», sagte Muser.

Auch Bagnasco verwies auf den globalen Charakter der Migrationsbewegungen. Das Phänomen müsse «auf internationaler Ebene, und zwar der UNO, nicht allein Europas oder Italiens» angegangen werden. Das Vorgehen Österreichs sei unter dieser Perspektive weder entschieden noch konstruktiv, sagte der Vorsitzende der italienischen Bischöfe. (kna)

 

30. April 2016 | 12:56
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