Gespräch zur Familiensynode in Gränichen
Schweiz

Kirche hat keinerlei Glaubwürdigkeit in Sachen Sexualität

Gränichen AG, 15.3.15 (kath.ch) Der katholischen Kirchenführung in Rom wird jede Kompetenz bezüglich Ehe und Sexualität abgesprochen. Dies ist das Fazit des Gesprächs zur Familiensynode, das im aargauischen Gränichen stattfand.

Martin Binkert

Der Papst rief – und es kam fast niemand. So könnte man am besten das am 14. März im Begegnungszentrum Töndler in Gränichen durchgeführte Gespräch zur Familiensynode zusammenfassen. Dabei hatte Papst Franziskus im Oktober 2013 einen für die katholische Kirche direkt revolutionären Prozess eingeleitet: Er lässt zum Thema Familie und Sexualität die Gläubigen, die Basis befragen! Über 25’000 Frauen und Männer hatten alleine in der Schweiz dazu einen Fragebogen beantwortet. Doch an das Synodengespräch in Gränichen, an dem jeder und jede seine Anliegen öffentlich einbringen konnte, kamen gerade 14 Männer und Frauen, weitaus die meisten, weil sie von ihrer Funktion her kommen mussten. Viele Kirchgemeinden hatten darauf nicht hingewiesen und auch dem Aargauer Pfarrblatt Horizonte war ein Hinweis auf dieses wichtige Gespräch kein eigener Artikel wert.

Heikle Themen

Doch die Frauen und Männer, die meist über viele Ehejahre verfügten, mussten ihr Kommen nicht bereuen. Unter der kompetenten und engagierten Leitung von Thomas Wallimann, Leiter des Sozialinstitutes Katholischer Arbeitnehmerinnen und –nehmer (KAB) in Zürich, wurden in Gruppenarbeit zehn Themenbereiche zu Ehe und Familie erarbeitet. Auch heikle Themen wie Homosexualität, Patchworkfamilien und wiederverheiratete Geschiedene wurden nicht ausgeklammert. Eines wurde rasch klar: Der offiziellen Kirche in Rom wird in Ehefragen jede Kompetenz abgesprochen! Alexander Pasalidi, Pfarrer in Wegenstetten, Dekan des Fricktals und einziger Priester an diesem Anlass, sagte: «Bezüglich dem Thema Sexualität hat die Kirche jede Glaubwürdigkeit und daher auch die Basis verloren!»

Kirche verletzt

Die Kirche fordert nicht nur, sie verletzt und lässt in den eigenen Reihen bezüglich Sexualität Unrecht zu, wurde gesagt. Die Betroffenheit war in dem kleinen Kreis direkt spürbar, als ein älterer Mann erzählte, wie das in der breiten Bevölkerung nicht bekannte und äusserst komplizierte Ehe-Nichtigkeitsverfahren bei seiner Tochter ganz 19 Jahre gedauert habe. Unter Tränen sagte ebenfalls ein älterer Mann, er und auch seine Kinder litten noch heute unter der Sexuallehre der katholischen Kirche!

Ein Teilnehmer meinte: «Jesus hat mit Zöllnern und Dirnen gesprochen und auch darauf seine Kirche aufgebaut. Doch warum wird dies in Rom nicht gehört?»

Weiterleiten nach Rom

Thomas Wallimann wird die oft sehr griffig formulierten Anliegen dieser Mini-Synode auswerten und diese gemeinsam mit Schlussfolgerungen von anderen Synodengesprächen persönlich dem Bischof von Sitten, Jean-Marie Lovey, übergeben. Als Vertreter der Schweizer Bischöfe soll Lovey diese an der Bischofssynode in Rom vorbringen. (mb)

 

Interview mit Thomas Wallimann zu Synodengespräch.

Gespräch zur Familiensynode in Gränichen | © 2015 Martin Binkert
15. März 2015 | 12:20
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