Pierre Bühler, Erwin Koller, Li Hangartner
Schweiz

«Katholischer Dialog» zu Pfingsten: «Der Geist Gottes stiftet Freiheit»

Luzern, 27.4.15 (kath.ch) Das Pfingstfest spielt im katholischen Kirchenjahr im Vergleich zu Weihnachten und Ostern eine marginale Rolle. Aber Christenheit und Welt hätten die Gaben des Geistes sehr nötig: Anerkennen, Befreien, Bekennen, Unterscheiden, Teilen, Verständigen. Ein neues «Pfingstbrausen» täte den Kirchen gut, so das Fazit des 34. Katholischen Dialogs, der am 27. April im Romero-Haus in Luzern stattfand.

Paul Jeannerat*

Über die Bedeutung des Pfingstfestes und über die Frage «Auf welche Geistkraft warten?» diskutierten etwa 50 Priester, Laientheologen und -Theologinnen, Katecheten und Katechetinnen und weitere Interessierte am 34. Katholischen Dialog im Romero-Haus Luzern. Impulse zum Gespräch gaben Pierre Bühler, bis vor kurzem ordentlicher Professor für Systematische Theologie an der Universität Zürich, und Li Hangartner, langjährige Leiterin der Fachstelle Feministische Theologie und derzeit Bildungsbeauftragte am Romero-Haus Luzern.

Pierre Bühler führte aus, wie der Geist «risikohafte, aber heilvolle» Unruhe in die auf Ordnung ausgerichtete Institution Kirche stiftet. Beim Pfingstgeschehen, wie es in Apostelgeschichte 2 berichtet werde, stünden im Sinne dieser Unruhe die Symbole Wind und Feuer und als Gegenbild zur Sprachverwirrung in Babel (Genesis 11) das Wunder der Übersetzung des Evangeliums in alle weltweit bekannten Sprachen. Der Geist stifte einen neuen «Wind», eine neue Lebenskraft, eine neue Atmosphäre der Freiheit.

Vier Gaben

Li Hangartner legte  – ebenfalls anhand der Apostelgeschichte 2 –   vier Thesen vor: Pfingsten stehe für die Gabe des Verständnisses und der Unterscheidung (die Rede der Apostel werde von einem internationalen Publikum verstanden), die Gabe der Gleichheit (die Geistkraft Gottes komme über Junge und Alte, Freie und Sklavinnen, Frauen und Männer), die Gabe des Teilens (die messianische Gemeinschaft teile ihre materiellen Güter) und die Gabe des Mutes (alle würden von Gott begabt, gerade heraus zu reden). «Die Geistkraft Gottes, auch Sophia genannt, hat die Menschen befähigt, öffentlich und begeistert ihre Vision von Frieden, Recht und Gerechtigkeit zu vertreten», so Hangartner.

Die Diskussion unter der Leitung von Erwin Koller, Theologe und Begründer der «Sternstunden» des Schweizer Fernsehens SRF, befasste sich mit praktisch-theologischen Fragen: «Wie kann Pfingsten heute begangen werden, so dass die Gläubigen die liturgischen Feiern als hilfreich für ihr Leben erfahren? Warum haben die Pfingstkirchen in Südländern so viel Zulauf? Könnte Pfingsten zu einem interreligiösen Fest werden, an dem sich die verschiedenen Religionen in ihren theologischen und kulturellen Unterschieden gegenseitig verstehen lernen?» Definitive Antworten gab es keine, aber Ermutigung, sich den Gaben des Geistes Gottes zu öffnen. (pj)


Die Katholischen Dialoge werden vom «Forum für offene Katholizität» (FOK) verantwortet und zusammen mit dem Verein «tagsatzung.ch» im Romero-Haus Luzern durchgeführt. Der 35. und zugleich letzte Katholische Dialog in der Reihe «Den Glauben neu denken und zur Sprache bringen» findet am Montag, 1. Juni 2015 (14.00 bis 17.30), statt. Regula Grünenfelder und Bernd Lenfers-Grünenfelder bieten abschliessende Thesen zum Thema der Reihe an: Neue Glaubenssprache in Theologie und Pastoral.

*Paul Jeannerat ist Journalist und Theologe und gehört zum Kernteam des Forums für offene Katholizität (FOK).

Hinweis: Bilder können bezogen werden unter info@veraruettimann.com.

 

Pierre Bühler, Erwin Koller, Li Hangartner | © 2015 Vera Rüttimann
28. April 2015 | 17:10
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