Auf dem Jakobsweg
Schweiz

Jakobsweg: Immer mehr «sind dann mal weg»

Zürich, 25.7.15 (kath.ch) Heute, 25. Juli, feiert die katholische Kirche den Apostel und Heiligen Jakobus. In Spanien ist der Tag ein Hochfest. Kein Wunder, führt doch einer der bekanntesten Pilgerwege zum vermuteten Grab des Jakobus, nach Santiago de Compostela. – Ein Ort, der bis heute jedes Jahr von Abertausenden von Pilgern aufgesucht. Der Pilgerbegleiter Pius Süess weiss um die Faszination des Jakobsweges.

Martin Spilker

Pius Süess, ist es übertrieben, den Jakobsweg als einen «Renner» der katholischen Kirche zu bezeichnen?

Pius Süess*: Nein, das lässt sich durchaus so sagen. Die Zahlen der Pilger auf dem Jakobsweg sind nach Erscheinen des Buches von Hape Kerkeling «Ich bin dann mal weg» förmlich explodiert. Und sie steigen weiterhin an.

Ein französischer Bischof sagte neulich, 70 Prozent der Pilger auf dem Jakobsweg seien weder gläubige noch praktizierende Christen. Können Sie das bestätigen?

Süess: Bei den Gruppen, die ich belgleite, stimmt das sicher nicht. Es kommt aber sicher darauf an, wie bei dieser Frage «gläubig» und «praktizierend» definiert wird. Das Pilgerbüro in Santiago de Compostela formuliert klare Bedingungen, die zur Anerkennung der Pilgerreise führen. Schaue ich auf die Motivation der Pilger, dann lässt sich bestimmt sagen, dass für das Unterwegs-sein an sich, losgelöst von einer religiösen Motivation, im Zentrum steht. Ich habe aber bereits sehr oft erlebt, dass sich gerade solche Pilger im Lauf der Reise mit religiösen Fragen und damit auch dem religiösen Motiv einer Pilgerschaft beschäftigen.

Hat sich die Art des Pilgerns denn an sich verändert?

Süess: Es ist mehr die Form, die sich verändert hat. Und früher hatte sicher der Besuch des Jakobus-Grabes einen höheren Stellenwert. Aber das Pilgern ist eine urmenschliche, eine urreligiöse Erfahrung. Der Pilger geht und geht damit sinnbildlich den Weg von der Geburt zum Tod. Aber heute haben wir geführte Pilgerreisen mit organisierten Unterkünften und Bustransport, sogenannte «Luxus»-Pilgerfahrten – wie ich sie selber ja auch anbiete. Aber es bleibt eine bewusst gewählte Pilgerreise, die als spiritueller Weg gewählt wird. Und der Schmerz und das Leiden bei den Fussetappen, die bleiben auch.

Was unterscheidet den Jakobsweg von anderen Pilgerwegen?

Süess: Eine Pilgerfahrt nach Rom beispielsweise wäre bestimmt viel stärker kirchlich verankert. Auf dem Jakobsweg sind andere Leute unterwegs. Sicher auch Menschen, die sich selbstständiger, kritischer mit Fragen der Kirche und Religion auseinandersetzen. Dann ist da auch die Faszination dieses Heiligen, Jakobus der Donnersohn, der Erschütterer. Das mag auch ein Grund sein, weshalb gerade Männer «im besten Alter» sich auf den Pilgerweg machen. Und natürlich ist die grossartige, abwechslungsreiche Landschaft, durch die der Pilgerweg führt, ein wichtiger Faktor.

Sehen Sie das Pilgern auf dem Jakobsweg auch als eine Chance für die Kirche?

Süess: Ganz gewiss! Die Erfahrungen, die Pilger auf ihrem Weg machen, die nehmen sie mit zurück in ihren Alltag. Das alles können sie in der Pfarrei, in der Kirchgemeinde in den Austausch über Fragen des Glaubens einbringen. Die versuchte Einflussnahme der Kirche auf die Pilger, beispielsweise in Form von Auflagen an eine Pilgerfahrt, sehe ich hingegen eher als kontraproduktiv an.

Sie waren schon viele Male auf dem Jakobsweg. Was fasziniert Sie noch daran?

Süess: Die vielen, vielen Begegnungen und Gespräche mit Menschen aus der ganzen Welt, die hier zusammenfinden. Das sind wehr wertvolle und bereichernde Erfahrungen. (ms)

* Pius Süess ist ausgebildeter Religionspädagoge und Pilgerbegleiter. Er hat früher für die Bethlehem Mission Immensee gearbeitet und während dieser Zeit auch an einem Projekt für den Jakobsweg-Abschnitt Einsiedeln-Rüeggisberg mitgearbeitet. Seit 1995 ist Süess als Pilgerbegleiter mit Schwerpunkt Jakobs- und Dominikusweg tätig. Er arbeitet bei den Ilanzer Dominikanerinnen und betreibt die Homepage www.pilgerweg.ch.

Informationen über den Jakobsweg auf Wikipedia

Die Routen durch die Schweiz

Auf dem Jakobsweg | © zVg
25. Juli 2015 | 09:24
Lesezeit: ca. 2 Min.
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Jakobus der Donnersohn

Der Apostel Jakobus gehört zu den erstberufenen Jüngern von Jesus. Er und sein Bruder Johannes erhielten den Beinahmen Donnersöhne. Zusammen mit Petrus und seinem Bruder gehörte Jakobus zu den drei bevorzugten Jüngern von Jesus. Jakobus wurde im Jahr 43 hingerichtet und gilt somit als erster Märtyrer der Kirche.

Eine Legende sagt, dass der Leib des Jakobs nach dessen Enthauptung einem Schiff übergeben worden sei, das im spanischen Galizien gelandet sei. Dort soll der Leichnam begraben worden sein. Das Grab ging aber in Vergessenheit, bis dass sich Jakobus im 9. Jahrhundert einem Einsiedler offenbarte. 813 wurde auf dem sogenannten Sternenfeld – spanisch Compostela – mit dem Bau eines Wallfahrtsortes begonnen; am 25. Juli 816 wurden die Reliquien des Heiligen in eine neue Kirche überführt. Seit dem 10. Jahrhundert ist Santiago de Compostela als Pilgerort über Spanien hinaus bekannt.

Der Apostel Jakobus wurde und wird in Spanien besonders verehrt; in der Zeit der Rückeroberung der Iberischen Halbinsel durch den spanischen König im 11. Jahrhundert erhielt er gar den Beinamen Matamoro, der Maurentöter. Jakobus ist Schutzheiliger von Spanien, der Pilger, der Apotheker und Drogisten, aber auch der Krieger, was ihm den weiteren Beinahmen «Soldat Christi» einbrachte. (ms)

Quelle: Ökumenisches Heiligenlexikon Jakobus der Ältere