Judit Schilling, Synodalin und Freiwillige vor dem Centrum 66
Schweiz

«Das Engagement in der Pfarrei war mein Rettungsanker»

Dietikon ZH, 29.7.16 (kath.ch) Judit Schilling ist als Freiwillige vielseitig engagiert in der Pfarrei St. Agatha Dietikon. Wie es dazu kam und wie sie ihre Sommerferien in Ungarn verbringen wird, erzählt die Synodalin, die Wurzeln im ehemals kommunistischen Ostblock-Land hat. Ein Beitrag zur Sommerserie «Katholikinnen und Katholiken erzählen von ihren Ferienplänen».

Regula Pfeifer

Wo verbringen Sie die Sommerferien?

Judit Schilling: In meinem Häuschen in Ungarn, wo ich regelmässig meine Ferien verbringe. Es steht auf demselben Grundstück wie das Haus meines Bruders. Diesmal reise ich erstmals nur mit meiner jüngeren Tochter. Meine ältere Tochter ist in der Servicelehre, muss meist arbeiten und verreist erstmals mit ihrer Freundin in die Ferien.

Ich möchte, dass meine Töchter möglichst viel Zeit mit ihren Grosseltern und Cousinen verbringen, damit sie auch künftig eine lebendige Beziehung zu Ungarn haben. Ich bin in Ungarn aufgewachsen und 1993 zu meinem späteren Mann in die Schweiz gezogen.

Was machen Sie in Ungarn?

Schilling: Ich lese viel, und zwar ungarische Literatur. Das kommt in der Schweiz zu kurz, hier lese ich vor allem Sachbücher, etwa zu Erziehungsfragen. Während den Ferien in Ungarn helfe ich auch meiner Schwägerin im Blumen- und Gemüsegarten und beim Kochen. Wir machen dort alles gemeinsam, ich führe keinen eigenen Haushalt. Zudem unternehme ich viel mit meiner Tochter und meinen Nichten. Wir gehen schwimmen und shoppen, unternehmen Tagesausflüge oder besuchen Konzerte und Freilufttheater in der nahe gelegenen Stadt Eger.

Sie haben ein Buch mitgebracht.

Schilling: Das ist Melinda Nadj Abonjis Buch «Tauben fliegen auf» auf Ungarisch. Dafür hat sie den Schweizer und den Deutschen Buchpreis erhalten. Ich habe es auf Ungarisch und Deutsch gelesen. Diesmal habe ich mir Sacha Batthyanys Buch «Und was hat das mit mir zu tun?» in der ungarischen Version vorgenommen, sofern es bereits übersetzt ist. Ich wähle oft Autoren mit Bezug zu Ungarn aus.

«Ich habe mir Sacha Batthyanys neustes Buch in ungarischer Version vorgenommen.»

Von welcher Arbeit oder Belastung erholen Sie sich?

Schilling: Der Aufenthalt in Ungarn hilft mir loszulassen. Im Alltag überlege ich meist zu viel. Die Erziehung meiner gerade pubertierenden Tochter beschäftigt mich sehr, ebenso mein schwieriger beruflicher Wiedereinstieg. Nach der Kinderpause bin ich bei den Bewerbungen für den kaufmännischen Bereich nicht die erste Wahl.

Von meinem freiwilligen Engagement in der Pfarrei muss ich mich nicht erholen, das belastet mich nicht. Diese Einsätze sind nicht regelmässig, sondern mal intensiv, mal weniger. Da ich im Organisationskomitee der Fastengruppe bin, habe ich um die Fastenwoche viel zu tun. Vor Weihnachten unterstütze ich die Sternsinger administrativ, in der übrigen Zeit habe ich weniger zu tun.

Weshalb engagieren Sie sich in der Pfarrei?

Schilling: Das hilft mir, mich in dieser Gesellschaft zuhause zu fühlen. Nach der Trennung von meinem Mann im Jahr 2010 fühlte ich mich verloren. Das Engagement in der Pfarrei wurde zu meinem Rettungsanker.

Im Dezember 2010 wurde ich in die römisch-katholische Synode, also ins Kirchenparlament des Kantons Zürich, gewählt. Ich vertrete darin die Kirchgemeinde Dietikon. Auch für diese Aufgabe ist es gut, wenn ich viele Leute in unserer Pfarrei kenne und erfahre, was sie beschäftigt.

Sie sind auf dem Weg in eine Kommissionssitzung der Synode. Was für eine?

Schilling: Ich bin Mitglied der «Kommission BiMeSo» (Bildung Medien Soziales) und verfolge insbesondere das Geschehen an den Freien Katholischen Schulen Zürich. Meine ältere Tochter besuchte eine dieser Schulen. Deshalb liegt mir deren Zukunft am Herzen.

Wie und wann begann Ihr Engagement in der Pfarrei?

Schilling: Ich bin in Ungarn geboren und als Kommunistin aufgewachsen. Nach der Wende von 1945 wurden wir Kinder ohne Religion erzogen. Meine Eltern haben aber religiöse Wurzeln: Mein Vater ist reformiert aufgewachsen, meine Mutter katholisch. Mein Vater engagiert sich jetzt kirchlich.

«Wir Kinder wurden ohne Religion erzogen. Meine Eltern haben aber religiöse Wurzeln.»

Mein damaliger Schweizer Verlobter war katholisch. Auf Wunsch seiner Familie heirateten wir kirchlich, dafür liess ich mich taufen. Als unsere Kinder ins Schulalter kamen, fand ich, sie sollten den Glauben und die Liturgie von Grund auf kennen lernen. Deshalb ging ich oft mit ihnen in den Gottesdienst. In der Pfarrei engagiere ich mich – wie erwähnt – seit der Trennung von meinem Mann.

Judit Schilling, Synodalin und Freiwillige vor dem Centrum 66 | © 2016 Regula Pfeifer
29. Juli 2016 | 06:24
Lesezeit: ca. 3 Min.
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Die Freiwillige

Judit Schilling (54) engagiert sich in der Pfarrei St. Agatha in Dietikon im Organisationskomitee der Fastengruppe, singt im D-Dur-Chor, wirkt im «Chilekafi»-Team mit und in der Begleitgruppe zum Gottesdienst. Oft engagiert sie sich spontan, wenn Freiwillige gesucht sind. Auch beim Aufbau einer ungarisch-deutschen Kleinkinder-Spielgruppe hat Schilling mitgewirkt. Diese trifft sich einem Raum von St. Agatha.