Erneut Schiffsunglück im Mittelmeer – bis zu 700 Tote befürchtet

Rom, 19.4.15 (kath.ch) Im Mittelmeer sind bei einem neuerlichen Schiffsunglück nach ersten Befürchtungen bis zu 700 Flüchtlinge ertrunken. Nach italienischen Medienberichten kenterte in der Nacht zum Sonntag, 19. April, ein überfülltes Fischerboot 60 Meilen nördlich von Libyen im Kanal von Sizilien.

Ein in der Nähe befindliches portugiesisches Handelsschiff habe 28 Personen gerettet. Die Sprecherin der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen UNHCR in Italien, Carlotta Sami, sagte dem italienischen Sender Rai, es handle sich möglicherweise um «eine der grössten Tragödien im Mittelmeer».

Ersten Informationen zufolge ging am Samstagabend gegen 23.30 Uhr ein Notruf bei der italienischen Küstenwache ein, die daraufhin den portugiesischen Frachter zu der Unglücksstelle dirigiert habe. Beim Anblick des Schiffs hätten sich vermutlich die Passagiere auf dem Fischkutter auf eine Seite gedrängt und das Boot so zum Kentern gebracht.

An der Such- und Rettungsaktion beteiligen sich laut dem italienischen Fernsehen zur Stunde Schiffe und Flugzeuge der italienischen Marine und Küstenwache sowie zivile Handelsschiffe. Bislang seien 23 Leichen geborgen worden. Wegen der niedrigen Wassertemperaturen rechneten Experten kaum mit Überlebenden. Sami verlangte eine Wiederauflage des Seenotrettungsprogramms «Mare Nostrum» in gesamteuropäischer Verantwortung. Die von Italien getragene Operation war im Oktober ausgelaufen und wurde durch das EU-Grenzschutzprogramm «Triton» ersetzt.

Papst ruft zum Handeln auf

Der Menschenrechtskommissar des Europarates, Nils Muiznieks, forderte am Sonntag per Twitter, Europa müsse «dringend seine Einwanderungs- und Asylpolitik ändern» und «seinen Verpflichtungen zur Rettung von Menschenleben nachkommen». Erst am Samstag hatte auch Papst Franziskus eine «sehr viel stärkere Beteiligung» der europäischen Staaten neben Italien bei der Aufnahme von Flüchtlingen verlangt.

Papst Franziskus hat die internationale Gemeinschaft angesichts der neuerlichen Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer zum sofortigen Handeln aufgefordert. Sie müsse «schnell und entschieden» reagieren, damit sich solche Tragödien nicht wiederholten, sagte er am Sonntag, 19. April, beim Mittagsgebet auf dem Petersplatz. Die Opfer seien «Männer und Frauen wie wir, unsere Brüder», so Franziskus. Es handle sich um Hungrige, Verfolgte, Verletzte, Ausgebeutete und Kriegsopfer, die ein besseres Leben und Glück suchten. Franziskus rief die mehreren zehntausend Menschen auf dem Petersplatz zum stillen Gebet für die Opfer auf. (kna/cic)

 

19. April 2015 | 14:00
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