Embryotests: Christliche Gegner bedauern Kehrtwende des Ständerats

Bern, 9.9.14 (Kipa) Am Montag, 8. September, hat der Ständerat entschieden, genetische Untersuchungen an Embryonen künftig in grossem Umfang zu erlauben. Damit ist die kleine Kammer des Parlaments auf die Linie des Nationalrats umgeschwenkt. Christliche Gegner der Präimplantationsdiagnostik (PID) bedauern die Kehrtwende des Ständerats, der sich noch im März lediglich für eine restriktive Zulassung der PID ausgesprochen hatte.

Künftig sollen nicht nur Paare mit genetischer Vorbelastung die Methode durchführen lassen dürfen, sondern alle im Reagenzglas erzeugten Embryonen sollen auf chromosomale Anomalien untersucht werden dürfen. Mit dem sogenannten Aneuploidie-Screening können etwa Embryonen mit Trisomie 21 entdeckt werden. Mit der neuen Regelung dürfte die Zahl der Anwendungsfälle stark ansteigen.

Genetische Ausstattung wird Kriterium für Sein oder Nichtsein

Gegner der PID bedauern die Kehrtwende des Ständerates, der die ausgeweitete Zulassung am Montag mit 27 gegen 18 Stimmen befürwortete. Damit werde «die genetische Ausstattung eines Kindes zum ersten Kriterium für dessen Sein oder Nichtsein», teilte der Schweizerische Evangelische Kirchenbund (SEK) am Dienstag, 9. September, auf Anfrage gegenüber der Presseagentur Kipa mit. «Das Recht auf Nichtwissen zukünftiger Eltern und die gesellschaftliche Akzeptanz von Menschen mit Behinderung wird unter gesellschaftlichen Druck geraten», kritisierte der SEK. Dies bedaure man.

Die neue Regelung erfordert eine Verfassungsänderung und damit eine Volksabstimmung. Der SEK-Rat werde zu gegebener Zeit entscheiden, ob er zu dieser Abstimmung Stellung beziehe.

Gesellschaft wird nicht besser

Die Entscheidung des Ständerats, die PID zuzulassen, sei für die Schweizer Bischöfe nicht der richtige Weg, teilte der Sprecher der Schweizer Bischofskonferenz (SBK), Walter Müller, am Dienstag auf Anfrage mit. Die SBK bekräftigte die grundsätzliche Opposition der Bischöfe gegen das Vorhaben. Eine Gesellschaft werde nicht besser, wenn sie dazu ermächtigt werde, «die einen zu selektionieren, die man als die ‘Tüchtigen’ erachtet, und die anderen zu eliminieren», mahnten die Bischöfe im Juni. Die katholische Kirche werde es immer ablehnen, «das Sortieren, Selektionieren und Eliminieren menschlicher Wesen als Fortschritt zu betrachten».

Die Evangelische Volkspartei (EVP) zeigte sich «bestürzt» über den Entscheid des Ständerates. «Nicht alles, was machbar und effizient ist, ist auch ethisch vertretbar», teilte die Partei am Dienstag mit. Der Entscheid der kleinen Kammer sei einem «Dammbruch» gleichzusetzen, so EVP-Nationalrätin Marianne Streiff gemäss Mitteilung. «Es kann nicht sein, dass wir alle paar Jahre die Grenzen der Fortpflanzungsmedizin so massiv ausweiten.» Ein Embryo sei mehr als ein «Zellklumpen». Es brauche deshalb ethische Grundsätze und Richtlinien, wie man ungeborenes Leben vor dem «Machbarkeitswahn der Fortpflanzungsmedizin» besser schützen könne. Die Partei werde sich mit aller Kraft gegen die Annahme der Vorlage in der Volksabstimmung stellen. (kipa/com/arch/bal/ami)

9. September 2014 | 16:00
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