Alain de Raemy im Quartier der Schweizergarde
Vatikan

«Ein Rat der Jugendlichen soll den Bischöfen als Filter dienen»

Rom/Freiburg, 28.10.18 (kath,ch) Die katholische Kirche muss sich verabschieden von einer Kirche, die delegiert. Das fordert der Schweizer Jugendbischof Alain de Raemy im Gepräch mit kath.ch zum Abschluss der Jugendsynode in Rom. Er spricht sich für die Schaffung eines Rates der Jugendlichen aus, der den Bischöfen zur Seite steht. Im Video sagt er zudem, was er den Jugendlichen mit auf den Weg geben will.

Georges Scherrer

Sind Sie zufrieden mit den Resultaten, welche die Jugendsynode gebracht hat?

Alain de Raemy: Die Resultate werden wir erst kennen, wenn diese in den Diözesen und der ganzen Welt umgesetzt sind. Das Wichtigste an der Synode ist es, dass sie kein Abschluss ist.

Was ist das wichtigste Element aus dem Abschlussdokument, das Sie der Jugend von heute mit auf den Weg geben?

De Raemy: In der Kirche soll die Jugend die Fragen nicht an die Anderen, die Erwachsenen, delegieren. Sie muss selber Verantwortung übernehmen. Vom Glauben heraus und als Teil einer Gemeinde, der alle anderen genau gleich angehören!

Muss die Kirche nun ihre Haltung zu den so genannten «Laien» neu überdenken?

De Raemy: Solange wir uns alle auf Christus richten und von ihm lernen wollen: ja.

«Eine kirchenfremde Person wird das Abschlussdokument kaum freiwillig lesen.»

Spricht das Abschlussdokument auch die kirchenkritischen und kirchenfernen Jugendlichen an?

De Raemy: Es will auch diese ansprechen. Aber man muss sich bewusst sein, dass dieser Kontakt nur über eine persönliche Beziehung möglich ist. Man muss sich klar darüber sein: Eine kirchenfremde Person wird das Abschlussdokument und auch nicht den an die Jugend gerichteten Brief der Synodenväter – so gutgemeint er auch immer sei – kaum freiwillig lesen.

«Die Kirche besteht aus allen Mitgliedern.»

Müssen die Bischöfe und Priester ihre Haltung gegenüber der Jugend ändern?

De Raemy: Nein, genau so nicht! Die Umsetzung der Jugendsynode ist nun eine Aufgabe aller, des ganzen Volkes Gottes. Die Kirche besteht nicht aus Bischöfen, Priestern, Diakonen und Laien, die im Seelsorgeamt oder in der Verwaltung tätig sind, sondern aus allen Mitgliedern. Das ist die grosse Herausforderung. Im Abschlusspapier wird mehrmals betont, dass wir uns von einer Kirchgemeinde, die delegiert, verabschieden müssen. Das gilt auch für den Kirchengänger, der davon ausgeht, dass der Priester oder die Pfarreipräsidentin die Kirche ist!

«Ich hatte immer im Sinn, einen Rat der Jugendlichen wieder einzuführen.»

Wie wollen Sie der Schweizer Jugend die Resultate der Synode nahe bringen?

De Raemy: Das werden wir in der Bischofskonferenz besprechen. Ich hatte immer im Sinn, einen Rat der Jugendlichen wieder einzuführen und dies auf der Ebene der Bischofskonferenz. Dieser Rat soll für die Bischöfe quasi als Filter dienen, der aus Sicht der Jugendlichen klar macht, was ihnen wichtig und verständlich ist. Wir werden sehen, wie das dann konkret aussieht.

Was passiert nun mit dem Abschlussdokument der Synode?

De Raemy: Das aktuelle Arbeitsdokument ist vor allem für den Papst gedacht. Er ist der erste Empfänger des Dokumentes und die ganze Kirche mit ihm, weil es ja publiziert wird. Das Ergebnis der Abstimmung zu jedem Kapitel wird auch publiziert. Der Papst wird dann hoffentlich ein Dokument erarbeiten, das erstens kürzer ist, zweitens keine Wiederholungen hat und drittens ein bisschen präziser gehalten ist. Doch diese Aufgabe überlassen wir dem Papst. Aber das Dokument ist trotzdem öffentlich und ist eine Etappe auf dem synodalen Weg, der weitergeht und nicht mit dem Ende dieser Versammlung abgeschlossen ist.

«Wir waren zwei Schweizer in der deutschsprachigen Gruppe.»

Sie waren in der deutschsprachigen Gruppe. Wie haben Sie diese erlebt – als einziger Schweizer?

De Raemy: Ganz gut. Wir waren zwei Schweizer! Ich war der einzige, der extra aus der Schweiz angereist ist. Kardinal Kurt Koch war auch dabei. In unserer Arbeitsgruppe sassen sogar drei Kardinäle: Neben Koch die Kardinäle Christoph Schönborn aus Österreich und Reinhard Marx aus Deutschland. Der tschechische Bischof, Tomas Holub, stiess ebenfalls zu uns, weil Deutsch die Fremdsprache ist, die er am Besten kennt.

Mit dabei waren zudem als Berater der deutsche Jesuit Clemens Blattert, als Zuhörer der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend Thomas Andonie sowie die junge Vertreterin des Lutheranischen Weltbundes, Julia Braband. Dann selbstverständlich auch die Jugendbischöfe aus Österreich und Deutschland.

«Wir haben sehr gut und ehrlich miteinander gesprochen. Es war schön.»

Wir haben sehr gut und ehrlich miteinander gesprochen. Ich muss einfach sagen: Es war schön. Wir haben uns ausgetauscht und jeder konnte seine Meinung offen kundtun. Auch die Zuhörer (die «Nicht-Bischöfe»), die nicht nur zugehört, sondern auch mitgesprochen haben, ohne allerdings abstimmen zu können. Die Bischöfe müssen ja die Verantwortung der Entscheide ihrer Synode selber tragen können. Nichts als normal.

Alain de Raemy im Quartier der Schweizergarde | © Oliver Sittel
28. Oktober 2018 | 16:55
Lesezeit: ca. 3 Min.
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