Die Welt verändert sich – die Kirche muss es auch

Aarau/Solothurn, 26.7.15 (kath.ch) Eine Kirche, die «rausgeht zu den Menschen», wünscht sich Bischof Felix Gmür. In einem grossen Artikel nimmt der Vorsteher des Bistums Basel Stellung zu Situation und Perspektiven der katholischen Kirche in der Schweiz und in der Welt. Die Fragen stellte auch eine katholische Theologiestudentin, die Priesterin werden will. Es ging aber um weit mehr, als um die Rolle der Frau in der Kirche.

Zwei Seiten widmet die «Schweiz am Sonntag» (Ausgabe vom 26. Juli) einem Gespräch mit Bischof Felix Gmür über die Kirche und die Welt. Nebst der Redaktorin Fabienne Riklin hatte der Bischof beim Interwiew auch die Theologiestudentin Jacqueline Straub gegenüber. Diese absolviert zur Zeit ein Praktikum in der Zeitungsredaktion und – ist davon überzeugt, in einigen Jahren katholische Priesterin zu sein.

Mehr Entscheidungskompetenz für Frauen

Selbstverständlich musste der Basler Bischof darauf antworten, ob er sich in der katholischen Kirche Frauen im Priesteramt vorstellen könne. – Was sich Felix Gmür von seinem Glauben her denken kann. Aber er verwies auch auf die durch Papst Johannes Paul II. bekräftigte Tradition der Kirche, die die Weihe von Priesterinnen ausschliesst. Umgekehrt machte der Bischof klar: «Ich unterstütze sehr, dass Frauen mehr Aufgaben und Entscheidungskompetenz übertragen bekommen. Heute liegt sämtliche Entscheidungsmacht allein beim Priester; das müsste nicht sein.»

Während er sich früher vorstellen konnte, dass es innerhalb der katholischen Kirche für verschiedene Kulturkreise unterschiedliche Freiheiten geben könne, sieht Felix Gmür dies heute nicht mehr als gangbaren Weg – und begründet dies mit der Globalisierung: «Eine in jeder Hinsicht globale Kirche braucht globale Regelungen. Farben ergeben sich dann in der konkreten Umsetzung.»

Klare Worte zu Politik und Wirtschaft

Zum Stichwort Globalisierung und brennende globale politische Themen nahm der Basler Bischof denn auch kein Blatt vor den Mund. So bezeichnete er den Vorschlag eines – nicht namentlich genannten – Politikers, welcher die Schweizer Grenzen für alle Asylbewerber schliessen wollte, als «völlig daneben». Felix Gmür ist der Meinung, dass die westliche Welt noch viel mehr unternehmen muss, damit Länder des Südens eine Perspektive haben.

Auch habe die Schweiz das Uno-Ziel noch nicht erreicht, 0,7 Prozent des Brutto-Inlandproduktes (BIP) für Entwicklungshilfe zu verwenden. Und Gmür legt noch eins obendrauf, wenn er sagt, es sei stossend, «dass die Schweiz nach wie vor kritiklos mit Ländern und Regierungen zusammenarbeitet, die Menschen und die Schöpfung ausbeuten und extremistische Gruppen unterstützen. Hier müssten wir viel konsequenter sein.»

Volkskirche für ein sich wandelndes Volk

In den grossen gesellschaftlichen Fragen sieht der Basler Bischof durchaus Handlungsbedarf auch für Kirchgemeinden und Pfarreien: Sei dies in konkreten ökologischen Massnahmen zum Klimaschutz oder bei der Bedeutung der Pfarreien in Fragen der Migration und Veränderung der Bevölkerungsstruktur. Gmür: «Ein hohes Gut der katholischen Kirche ist die Einheit; das ist unsere Stärke. So verstehe ich meine Aufgabe darin, Menschen unterschiedlicher Prägung zusammenzuführen und dadurch den Blick auf die gesamte Wirklichkeit der Kirche zu öffnen.»

Der Migration misst der Bischof von Basel sowieso eine wichtige Bedeutung zu. Denn die katholische Kirche in der Schweiz sei trotz einer grossen Zahl Kirchenaustritte eine wachsende Kirche. «Wir werden mehr und wir werden gleichzeitig anders. Ein Drittel oder sogar mehr Gläubige haben im Bistum Basel einen Migrationshintergrund», hält Gmür fest. Solchen Veränderung müsse die Kirche aber selber auch Rechnung tragen, so der Basler Bischof. Er verweist hier auf Papst Franziskus, der, wie es die Interviewerin nannte,  «progressive Akzente setze». Felix Gmür dazu: «Mir kommt das entgegen, denn ich bin überzeugt, dass wir wahrnehmen müssen, was die Gläubigen beschäftigt. Dann ‘unterscheiden wir die Geister’, wie der Gründer des Jesuitenordens sagen würde, und machen uns mit ihnen auf den Weg.»

Und wie stellt sich der Bischof von Basel die Kirche in zehn Jahren vor? «Sie wird anders sein, hoffentlich bekennender, so wie eine grosse Pilgergruppe mit verschiedenen Gemeinschaften.» (ms)

Felix Gmür, Bischof von Basel | © Sylvia Stam
26. Juli 2015 | 12:56
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