Bischof Jean-Marie Lovey
Vatikan

Bischof Lovey: Keine klare Linie in der Schweizer Kirche

Rom, 4.10.15 (kath.ch) In der Schweizer Kirche ist nach den Worten des Sittener Bischofs Jean-Marie Lovey «keine klare Linie» in Bezug auf die Familiensynode erkennbar. Dies mache es schwer, als Vertreter der gesamten Schweizer Kirche, als der er an dem Weltbischofstreffen in Rom teilnehme, die Schweizer Anliegen einzubringen, erklärte Lovey am Sonntag, 4. Oktober, zum Synodenauftakt vor Pressevertretern in Rom.

Andrea Krogmann

Das Thema der Synode bezeichnete Jean-Marie Lovey als «sehr nah dran an der Realität der meisten Christen und in diesem Sinne revolutionär». 270 Teilnehmer der Synode tagen bis zum 25. Oktober zu den Herausforderungen der Familie in der heutigen Welt. Lovey ist neben Kurienkardinal Kurt Koch der einzige Schweizer an dem Treffen.

Vertreter der «gesamten katholischen Schweiz»

Als Delegierter der Schweizer Bischofskonferenz sei er «kein Parlamentarier, der eine Partei vertreten muss», erklärte Lovey vor Medienvertretern. Er sei Vertreter der gesamten katholischen Kirche der Schweiz, «die nicht einheitlich ist» und müsse daher «gegenüber allen Erwartungen aufmerksam» sein. Der Sittener, der erstmals an einer Bischofssynode teilnimmt, bezeichnete die Stimmung in der Schweizer Kirche als «gespannt». Im Vorfeld der Synode seien viele verschiedene Anliegen geäussert worden, darunter auch «Erwartungen von Menschen, die oft gewisse ekklesiale Visionen und Teile der Offenbarung zurückweisen».

Die Synodenteilnehmer dürfen sich nach Einschätzung des Sittener Bischofs nicht auf wenige europäische Themen wie die Frage des Umgangs mit Homosexuellen oder wiederverheirateten Geschiedenen fokussieren.

Risiko von Pro-Contra-Themen

«Die Synode muss aufpassen, nicht auf zwei oder drei Themen zu insistieren, bei denen das Risiko besteht, dass sich die Synodenteilnehmer für eine Pro- oder Contra-Position entscheiden», so Lovey wörtlich, zumal es sich um Themen handle, bei denen es einen «reellen Druck» durch Lobbygruppen gebe.

Es sei richtig, dass gerade Fragen des Umgangs mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen die Schweiz und andere europäische Länder sehr beschäftige. Dies sei eine Realität, die man nicht leugnen dürfe und die eine neue Pastoral fordere. Gleichzeitig gebe es in der Weltkirche zahlreiche andere Realitäten ebenso wie die «Herausforderungen der Offenbarung», die die Synode in ihrer Universalität ins Auge fassen müsse, so Lovey, der auf eine gewisse Überrepräsentation Europas bei dem Weltbischofstreffen hinwies. Von insgesamt 270 Synodenteilnehmern stellen die 107 Europäer die stärkste Gruppe.

Segnung Homosexueller «nicht die beste Begleitung»

Eine Segnung für homosexuelle Paare bezeichnete Lovey «als gegenwärtig nicht die beste Begleitung». Zum einen berge ein derartiger ritueller Akt die Gefahr, das Problem als gelöst zu betrachten. Auch stellte er eine mögliche Provokation von «vielen Christen» dar, die für ein solches Vorgehen kein Verständnis hätten. Der Schweizer plädierte stattdessen für eine seelsorgliche Begleitung Betroffener, für die er in seinem Bistum eine entsprechende Struktur eingerichtet habe. Auch bei wiederverheirateten Geschiedenen müsse die Begleitung an erster Stelle stehen, «auch wenn das nicht den Erwartungen bezüglich der Kommunion entspricht».

Nach Einschätzung des Walliser Bischofs wird es auf der Synode mit einer pastoralen und einer theologischen Herangehensweise zwei Hauptachsen geben. «Die grosse Herausforderung wird sein, eine Komplementarität zu erreichen», so Lovey. Es dürfe weder «abstrakte Theologie geben ohne die konkrete Realität», noch umgekehrt.

Das letzte Wort hat der Papst

Deutlich betonte Lovey, das Ergebnis der Synode liege nicht in den Händen der Synodenteilnehmer, sondern des Papstes: «Wir müssen uns darauf vorbereiten, etwas anzunehmen, das wir vielleicht nicht erwartet haben», so Lovey wörtlich. (ak)

Bischof Jean-Marie Lovey | © 2015 Andrea Krogmann
4. Oktober 2015 | 16:42
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Flüchtlinge als einendes Thema?

Einen möglichen «Ort der Communio» in der Vielfalt der Kulturen und Bedürfnisse der verschiedenen Länder sieht der Sittener Bischof Jean-Marie Lovey in der weltweiten Herausforderungen durch die Flüchtlingsthematik. Die Fluchtbewegungen destabilisierten Familien und die gemeinsame kirchliche Sorge könne unter den Synodenteilnehmern zu einer einheitlichen Stimme führen. (ak)