Zwist zwischen Katholiken: Braucht es einen Papst?
Schweiz

Auch ein innerkatholischer Familienzwist benötigt einen langen Atem

Luzern, 3.5.18 (kath.ch) Sie verstehen sich beide als Kirchen in langer katholischer Tradition. Die römisch-katholische Kirche und die christkatholische Kirche haben denn auch sehr viele Gemeinsamkeiten. Den Herausforderungen um die Differenzen widmete sich ein Anlass des Ökumenischen Instituts an der Universität Luzern.

Martin Spilker

Den Zuhörerinnen und Zuhörern des «Forums Ökumene» am Mittwoch wurde theologisch ein harter Brocken vorgesetzt: Der emeritierte Professor für christkatholische Theologie Urs von Arx aus Bern liess im Schnellzugtempo die Ereignisse Revue passieren, welche Ende des vorletzten Jahrhunderts nach dem I. Vatikanischen Konzil (1870) zur Abspaltung der Christ- oder Altkatholischen Kirchen geführt hatten. Er machte aber auch von Anfang an klar, dass zwischen den beiden Kirchen nicht allein das Verständnis des Papstamtes das grosse Problem sei.

«Es gibt so viele Gemeinsamkeiten»

Vor allem aber hob von Arx hervor, dass die beiden Kirchen – wie die Diskussion auf nationaler als auch auf internationaler Ebene deutlich zeige – «so viele Gemeinsamkeiten» verbinde. Dem stimmte auch der römisch-katholische Referent, Agnell Rickenmann, sofort zu. Die beiden sind, beziehungsweise waren, Mitglieder der gemeinsamen Gesprächskommission der beiden Kirchen in der Schweiz, die, so Rickenmann, «einen Such- und Findungsprozess durchlaufe, den es mit anderen Konfessionen so nicht gibt».

Pyramide oder konzentrische Kreise?

Urs von Arx machte klar, dass sich die Christkatholiken durchaus vorstellen können, Teil einer universalen katholischen Kirche mit einem Papst zu sein. Aber, und dies sei der grosse Knackpunkt, nicht mit dem von der römisch-katholischen Kirche verstandenen Primat und dem letzten Weisungsrecht des Papstes, wie es 1870 verkündet wurde. Er versteht das Papstamt als Zentrum eines Kreises, um das herum Kirchengemeinschaften mit je eigener Weisungsbefugnis liegen.

Rickenmann hielt dem entgegen, dass auch auf römisch-katholischer Seite regionale oder kontinentale Bischofskonferenzen bestehen und unter Papst Franziskus auch diskutiert werde, ob ihnen – je nach Inhalt – eigene Kompetenzen zugesprochen werden können. Gerade der Vorstoss der deutschen Bischöfe beim aktuellen Kommunionstreit sei dafür ein Beispiel. Doch setze eine solche «mittlere Ebene» zwischen Vatikan und Bistümern immer die Zustimmung des Papstes voraus. Hier bezieht sich die römisch-katholische Kirche auf die Stelle im Matthäusevangelium, die den Apostel Petrus als den Grundstein und den Papst als dessen direkten Nachfolger in der Verantwortung für die Kirche sieht.

Der römisch-katholische Theologe Rickenmann, er ist seit vergangenem Jahr Regens am Priesterseminar Luzern, machte zudem klar, dass eine solche Veränderung des Verständnisses des Papstamtes ein Traditionsbruch wäre, der auch viele Fragen nach sich ziehen würde. So wäre seiner Meinung nach unklar, wer bei Uneinigkeit die Entscheidungshoheit habe. Was Urs von Arx mit der pragmatischen Feststellung quittierte, dass synodale Prozesse oft zu Trennungen geführt haben.

Mariendogmen, Frauenpriestertum, Kirchenrecht

Als andere harte Brocken im Dialog wurden die beiden Mariendogmen zur unbefleckten Empfängnis sowie zur Aufnahme Mariens in den Himmel genannt. Die Referenten waren sich einig, dass diese Themen wohl für die allermeisten Gläubigen beider Konfessionen kaum noch zentrale Glaubensinhalte seien. Rickenmann stellte aber auch fest, dass gerade bei jungen römisch-katholischen Bewegungen die Marienverehrung wieder viel mehr ins Zentrum rücke.

Eine momentan unüberwindbare Hürde hingegen ist das Frauenpriestertum. Wo von Seiten der römisch-katholischen Kirche ein klares «Nein» zu einer Diskussion kommt, heisst die Entgegnung der Christkatholiken «Warum?». Damit sei die Debatte geschlossen, sagte Urs von Arx. Zudem stellen sich auch kirchenrechtliche Fragen, etwa in Bezug auf verheiratete Priester und Bischöfe.

Die Laien bleiben am Rand

Das Publikum war an diesem Abend nicht nur mit Fakten, sondern auch mit den breiten Erfahrungen zweier engagierter Ökumeniker eingedeckt worden. Eine Besucherin bemerkte aber kritisch, dass in der ganzen Debatte die kirchlichen Laien, die Gläubigen, wenig einbezogen seien. Die Referenten waren sich einig, dass in diesen Diskussionen mehr Partizipation nötig sei und die in den Gremien verwendete Fachsprache Gläubige auch ausschliessen könne.

Die beiden Referenten wie auch der Leiter des ökumenischen Instituts Luzern, Wolfgang Müller, stellten abschliessend fest, dass Ökumene eine «Angelegenheit der geduldigen Diskussion» sei. Für den Theologieprofessor Müller jedenfalls ist klar, dass der Dialog der beiden katholischen Kirchen auch an der Universität Luzern weitergehe. Die christkatholische Kirchgemeinde Luzern ist zusammen mit der römisch-katholischen Landeskirche, der evangelisch-reformierten Kantonalkirche und dem Kanton Luzern Gründungsmitglied der Stiftung, welche die Trägerschaft des 1998 errichteten Instituts hat.

Zwist zwischen Katholiken: Braucht es einen Papst? | © Jacques Berset
3. Mai 2018 | 16:12
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